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«Wie nachhaltig kann Wolle denn überhaupt sein?»

«Wie nachhaltig kann Wolle denn überhaupt sein?» | Blogartikel von Molemin

«Spannende Frage!», dachten wir, als sie uns via Social Media erreichte. Gar nicht so einfach zu beantworten. «Nachhaltigkeit» ist zwar mittlerweile ein geläufiger und viel verwendeter Begriff, aber was steht dahinter und was genau bedeutet er in Bezug auf «Wolle?

Wolle ist ein tierisches Produkt. Sie wird meist vom Schaf, aber auch von Ziegen, Hasen, Lamas und anderen Tieren gewonnen. In unserem Wollglossar findest du detaillierte Infos zu den verschiedenen Wollarten. Im Bereich der Ökologie wird «Nachhaltigkeit» laut Duden definiert als «Prinzip, nach dem nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen, sich regenerieren, künftig wieder bereitgestellt werden kann». Deshalb muss bereits die Tierhaltung in die Beantwortung der Frage einbezogen werden. Wie sieht eine nachhaltige Tierhaltung aus? Auf was muss geachtet werden? Bis zum fertigen Produkt durchläuft die Wolle zahlreiche Prozesse. Ein weiteres Themenfeld ist somit der Transportweg. Ist ein kürzerer Weg immer besser? Und bezüglich der Produktion: Was gilt es da zu berücksichtigen?

Wir haben Experten zurate gezogen und uns mit diesen Fragen an drei unserer Hersteller gewandt: Cosilana, Reiff Strick und ENGEL. Von ihnen beziehen wir einen Grossteil unserer Wollprodukte. Wir möchten verstehen, nach welchen Kriterien sie ihre Produzenten, Lieferanten und Partner auswählen, worauf sie achten und was «Nachhaltigkeit» in ihrem beruflichen Alltag bedeutet.

Massgebliche Richtwerte für eine nachhaltige Produktion sind für alle drei Hersteller die Global Organic Textile Standard (GOTS)-Zertifizierung und das IVN BEST-Siegel. GOTS ist als weltweiter Standard für die Verarbeitung von Textilien aus biologisch erzeugten Naturfasern anerkannt. GOTS bezieht sowohl Umwelt- als auch Sozialkriterien innerhalb der gesamten textilen Produktions- und Lieferkette ein. Alle verarbeitenden-, herstellenden- und am Handel von Textilien beteiligten Unternehmen müssen zertifiziert sein, damit ein Produkt das GOTS-Siegel tragen darf. Die Zertifizierung erfolgt durch unabhängige Zertifizierungsfirmen und bedingt eine jährliche vor-Ort-Inspektion. Das IVN BEST-Siegel ist vor allem im europäischen Raum bekannt und spiegelt die vom Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft e. V. (IVN) entworfenen Richtlinien für Naturtextilien wider. Sie bildet, wie bei GOTS, die gesamte textile Produktionskette ab, in ökologischer und sozialverantwortlicher Hinsicht. Anders als beim GOTS-Standard jedoch, schliesst IVN BEST Synthetikfasern konsequent aus und verhindert damit Mischfaserkleidung. Bei der Auswahl ihrer Geschäftspartner achtet Cosilana konsequent auf Zertifizierung und Regionalität. Auch ENGEL und Reiff arbeiten ausschliesslich mit Betrieben, die zertifiziert sind.

ENGEL trägt selbst beide oben genannten Siegel. Vera Simon, Geschäftsführerin des Betriebs, erklärt, dass Nachhaltigkeit zum einen bedeutet, dass ENGEL im ökologischen Sinne bei der Herstellung der Produkte nachhaltig agiert, also ressourcenschonend produziert und die Umwelt durch die Produktion so wenig wie möglich belastet. «Nachhaltigkeit bedeutet für uns aber auch, langjährige Beziehungen zu Lieferanten zu pflegen. Wir arbeiten mit manchen Unternehmen schon von Anfang an zusammen, also seit 40 Jahren», betont Frau Simon von ENGEL.

Eine nachhaltige Tierhaltung, laut EU-Richtlinie für den ökologischen Landbau, muss unter anderem die folgenden Kriterien erfüllen: Unterkünfte für Nutztiere müssen genügend gross sein, mit ausreichender Belüftung und Licht. Die ökologische Viehzucht lehnt ausserdem Massenzuchtmethoden zur Ertragssteigerung ab, das heisst die Bewegungsfreiheit der Tiere muss in jedem Fall gewährleistet sein und die natürlichen Aktiv- und Ruhephasen müssen respektiert werden. Ausdrücklich verboten ist jede Form von wachstumsfördernden oder ertragssteigernden Mitteln. Ausserdem werden Techniken abgelehnt, die der Synchronisierung der Fruchtbarkeitszyklen auf unnatürlichem Wege dienen, sowie die Übertragung von Embryos und gentechnische Veränderungen. Zudem gibt es Vorschriften über den richtigen Transport der Tiere: Der Stress für die Tiere muss auf ein Minimum reduziert werden, auch bei der Schur. Beruhigungsmittel für die Transportdauer sind verboten.

Südamerika hat das grösste Aufkommen an Wolle aus kontrolliert biologischer Tierhaltung, die sich an dieser EU-Richtlinie orientieren. Die von Reiff und ENGEL verwendete Schurwolle stammt aus Südamerika, da es, laut Axel Reiff, Geschäftsführer von Reiff Strick, die feinen Wollen in Deutschland oder näheren Regionen einfach nicht gibt, auch nicht in den Mengen, die man benötigt. Die kontrolliert biologische Tierhaltung garantiert, dass die Tiere beispielsweise viel Ackerfläche erhalten, auch, um die Böden zu schonen. Laut Frau Simon, die ihre Merinoschurwolle aus Argentinien und Uruguay bezieht, hat ein Schaf in Argentinien ca. 100.000 Quadratmeter Weidefläche, in Uruguay ca. 1.250 Quadratmeter – weit über den von der Tierschutzorganisation PETA empfohlenen 500 Quadratmeter Weidefläche pro Schaf. Die Wolle wird vor dem Transport vor Ort gewaschen. Herr Reiff beschreibt, dass auch bei diesem Produktionsschritt sehr auf eine ressourcenschonende Verarbeitung geachtet wird. Zum Beispiel wird das Wasser in den Wäschereien immer wieder aufbereitet und wieder verwendet, so dass man auch hier von einem Kreislauf sprechen kann. Für ENGEL ist ausserdem wichtig, dass der Farmer von der Haltung der Schafe leben kann. «Wir feilschen nicht um den Preis, den ein Farmer für die artgerechte, nachhaltige Tierhaltung berechnet. Schliesslich möchten wir ein faires Auskommen für alle Parteien in der Produktionskette von Textilien und einen fairen Umgang miteinander», meint ENGEL Geschäftsführerin Simon.

Cosilana legt einen besonderen Fokus auf kurze Transportwege: Das Unternehmen erwirbt das fertig gefärbte Garn für ihre Produktion von den drei Garnlieferanten, die in Deutschland dafür eine GOTS-Zertifizierung haben, erklärt Simoné Bischoff-Moosmann, Assistentin der Betriebsleitung bei Cosilana Naturwäsche. Alle Produktionsabläufe sind unter einem Dach vereint, das heisst das angelieferte Garn kommt direkt im Hause Cosilana auf die Strickmaschinen, der fertige Stoff in den Zuschnitt und von dort in die hauseigene Näherei. Danach durchlaufen die fertig konfektionierten Artikel eine Qualitätskontrolle im Haus. Aus dem hauseigenen Lager wird dann, ohne Zwischenhändler, direkt der Händler beliefert. «Das gibt uns das Privileg unseren ganzen Fokus auf die Qualität und den Service für unsere Produkte setzen zu können. Regionale Produktion, direkte Wege in den Verkauf und zum Endkunden,» betont Frau Bischoff-Moosmann. Sogar der Strom wird im eigenen Haus produziert: Cosilana bezieht Strom aus der eigenen Solaranlage.

Lokale Produktion ist auch für Reiff Strick sehr wichtig. Die Garne werden strickfertig gefärbt geliefert und nahezu alles wird entweder im Hause Reiff selber gestrickt oder aber bei Partnerbetrieben im Umkreis von rund 30 Kilometern gefertigt. Die Produktion vor Ort bedeutet auch den Erhalt lokaler Arbeitsplätze, meint Herr Reiff: «Wir wissen so definitiv, dass die deutschen Gesetze eingehalten werden: Keine Kinderarbeit, existenzsichernde Löhne, Arbeitssicherheit, genügend Urlaub, et cetera. Das ist uns schon sehr wichtig, dass wir da einen Einfluss darauf haben können.»  

«Nachhaltige Wolle» bedeutet also, dass jeder Produktionsschritt – von der Gewinnung der Wolle, den ersten Verarbeitungsschritten, über das Spinnen, Weben und Stricken, bis hin zur Nassveredlung und der eigentlichen Produktion des Produkts, und zu guter Letzt auch der Vertrieb – mit in die Überlegungen einfliessen müssen. Es geht darum, wie schonend mit Ressourcen, Mensch, Tier und Umwelt umgegangen werden kann. Nachhaltige Kleider sollten selbstverständlich und eigentlich selbstredend bedeuten, dass wir alles dafür tun, um für unsere Nachkommen einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen.

 

 

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